Interview mit Linda Taft zum historischen Parteitag der GRÜNEN im Juni 2021

Grüner Parteitag Juni 2021Linda, dieser Parteitag war ein in vielerlei Hinsicht besonderer Parteitag. Es wurde ein sehr ambitioniertes zukunftsweisendes Programm diskutiert und verabschiedet, es wurde erstmals eine GRÜNE Kanzlerkandidat*in gewählt und es war wieder ein digitaler Parteitag. Ist ja schon fast Routine. 

Was war Dein persönliches Highlight in diesen drei Tagen?

Es wurden einige zukunftsweisende Inhalte abgestimmt, aber mein Highlight war der perfekt abgestimmte Dreiklang der Reden von Robert Habeck, Annalena Baerbock und Winfried Kretschmann.

Mit dem Spitzenduo Baerbock/Habeck gibt es zwei Persönlichkeiten, die sich sehr gut ergänzen und die auf der BDK die volle Unterstützung der GRÜNEN Basis bekommen haben. Dass Annalena Baerbock zur ersten GRÜNEN Kanzlerkandidatin gekürt wurde, ist ein historisches Ereignis für die Partei und motiviert auch die Bornheimer GRÜNEN, beim Wahlkampf alles zu geben.

 

Grünes Wahlprogramm 2021 Viel Zeit nahm die Diskussion, Abstimmung und Verabschiedung des Wahlprogramms in Anspruch, denn es gab eine Flut an Änderungsanträgen. Was sagt das über die GRÜNEN aus?

Allein dass die Antragskommission mehr als 3000 Änderungsanträge bearbeitet hat, zeigt, dass ganz viele und ganz unterschiedliche Mitglieder der Partei große Lust hatten an der inhaltlichen Ausrichtung des Wahlprogramms mitzuwirken. Letztendlich wurden auf der BDK dann immer noch mehr als 70 Anträge abgestimmt, nach teilweise sehr eindrücklichen Debatten. Anders als von einigen Medien kolportiert, war das kein "Aufstand der Basis", sondern das gelebte ur-grüne Prinzip der Basisdemokratie.

Was waren für Dich dann die wichtigsten Ergebnisse dieser Abstimmungen zum Wahlprogramm?

Wichtigste Abstimmungen, die teilweise direkt von den Medien und den anderen Parteien aufgegriffen wurden, waren

  • die Erhöhung des CO2-Preises bis 2023 auf 60 €,
  • die Anhebung des Mindestlohns auf 12 €,
  • die Anhebung der Hartz IV-Sätze um mindestens 50 €, die aber mittelfristig durch eine Garantiesicherung abgelöst werden sollen,
  • mehr Investitionen in Bildung und Forschung.
  • Zudem wurden konkrete Ausbauziele für Erneuerbare Energien sowie steuerliche Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen und eine höhere Belastung für SpitzenverdienerInnen beschlossen.
  • Ebenso lehnten es die Delegierten ab, 15 bis 20 Milliarden € zusätzlich pro Jahr für Verteidigung auszugeben, besser sollte Bündnispartnern ein Angebot gemacht werden, wie Deutschland in der Welt eine stärkere Rolle spielen kann. 

Alles in allem haben die GRÜNEN mit ihrem Wahlprogramm progressive Ideen für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft vorgelegt, die klimagerechten Wohlstand ermöglicht. Die GRÜNEN haben konkrete Vorschläge formuliert, wie höhere Abgaben für den Klimaschutz sozial ausgeglichen werden können.

 

bereit, weil Ihr es seid - Claim der GrünenDas Programm steht, die Kanzlerkandidatin ist gekürt, doch aktuell  hat sich der Wind gedreht und bläst den GRÜNEN scharf ins Gesicht. Wie kann und soll es weitergehen?

Mit der Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock und dem Spitzenduo Baerbock/Habeck geht der Wahlkampf nun richtig los.

Andere Parteien haben ja direkt einzelne Entscheidungen des Parteitags aufgegriffen und machen Stimmung gegen die GRÜNEN. „Mit den GRÜNEN wird alles teurer!“ oder „Mit einer Erhöhung des CO2-Preises auf 60 € können sich ärmere Familien keinen Flug nach Mallorca mehr leisten!“ oder auch „Alles wollen Euch die GRÜNEN verbieten, sie haben keine klaren Konzepte.“ sind nur ein paar der Beispiele, wie derzeit aus Angst vor dem GRÜNEN Erfolg Stimmung gemacht wird.

Werden die GRÜNEN konkret, wird ihnen genau das vorgeworfen. Bleiben sie vage, wird Konkretes eingefordert. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass Deutschland mehr generationengerechten Klimaschutz umsetzen muss, oder auch der aktuell erschienene von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Report, dass Deutschland sehr stark von Folgen des Klimawandels betroffen sein wird, machen ein „Einfach weiter so wie bisher“ unmöglich.

... und wie siehst Du speziell die Kritik an Annalena Bearbock?

Lassen wir mal die unerträglichen und niveaulosen Diffamierungen beiseite, so fällt auf, dass bei der Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock auch seriöse Medien gerne jedes Wort auf die Goldwaage legen. Sie hat Fehler gemacht, ohne Zweifel, aber wird hier etwa mit zweierlei Maß gemessen? Man kann den Eindruck gewinnen, dass sie sich als Frau noch mehr beweisen muss als die männlichen Gegenkandidaten. So wird ihr z.B. fehlende Regierungserfahrung vorgeworfen. Andrerseits wird bei ihren beiden Gegenkandidaten geflissentlich übersehen, dass sie die Dinge, die sie nun für die nächste Legislaturperiode versprechen, in ihrer aktuellen Regierungsverantwortung doch schon längst hätten umsetzen können.

Danke, Linda, für Deine Ein- und Ausblicke.

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