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05.04.22 –
Wir leben in bewegten Zeiten. Wir stehen in den Startlöchern für den Landtagswahlkampf, der die Zukunft unseres Bundeslandes bestimmen wird. Corona ist noch nicht vorbei, doch vor allem bewegt uns der Krieg in der Ukraine und macht uns fassungslos. Wir haben mit dem Vorstand der Grünen in Bornheim zur aktuellen Lage und dem Landtagswahlkampf gesprochen.
Aktuell überschattet der Krieg in der Ukraine den Wahlkampf. Was denkt Ihr, welche Auswirkungen der Krieg in der Ukraine auf den Ausgang der Wahl haben wird?
Dirk Reder: Unser Mitgefühl und unsere Solidarität gehören in erster Linie den Menschen, die sich in der Ukraine aufhalten und den Millionen Ukrainer*innen auf der Flucht. Putins Überfall auf die Ukraine hat große Teile der bisherigen deutschen Sicherheits- und Energiepolitik als gefährliche Illusion entlarvt. Die Auswirkungen sind noch nicht absehbar. Aber inzwischen sollte jeder verstanden haben, dass Regenerative Energie aus Europa nicht nur das Klima, sondern auch unsere Sicherheit und Unabhängigkeit schützt.
Viele Menschen müssen wegen des Ukrainekriegs aus ihrer Heimat flüchten. Welche Unterstützung erwartet Ihr von einer neuen Landesregierung, auch auf kommunaler Ebene
Cynthia Roggenkamp: Die Bombardierung der ukrainischen Städte und die Angriffe auf zivile Ziele haben schon jetzt zur größten Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg geführt. Millionen Frauen und Kinder sind nach Westen geflohen, auch zu uns nach Deutschland. Bund, Länder und Kommunen müssen jetzt eng zusammenarbeiten, um die Geflüchteten gut unterzubringen, zu betreuen und den Kindern Kita- und Schulplätze anzubieten. In der Bevölkerung ist die Hilfsbereitschaft enorm. Wir danken allen Bornheimerinnen und Bornheimern, die Flüchtlinge bei sich zu Hause aufnehmen.
Welche Punkte des grünen Landtagswahlprogramms sind Euch für Bornheim besonders wichtig?
Cynthia Roggenkamp: Bornheim liegt zwischen zwei Großstädten in einer Region mit hoher Bevölkerungsdichte. Immer mehr Einwohner sowie wachsende Pendlerströme nach Köln und Bonn führen zu ständigen Staus und hohem CO2-Ausstoß. Wir brauchen in NRW die Verkehrswende vom motorisierten Individualverkehr hin zu einem integriertem Gesamtkonzept aus ÖPNV, Radverkehr und Sharing-Angebote.
Dirk Reder: In Bornheim stockt – wie in vielen Städten und Kommunen – der Ausbau der Erneuerbaren Energien: Wir haben viel zu wenig Photovoltaik- und Windenergieanlagen. So verhindert die von der schwarz-gelben Landesregierung eingeführte 1.000-Meter-Abstandsregel zwischen Windrädern und Bebauung den Ausbau der Windenergie. Die enge Verflechtung von CDU und SPD mit den Kohlekonzernen hat NRW beim Anteil der Erneuerbaren zum Schlusslicht aller Flächenländer in Deutschland gemacht. Diese Hemmnisse müssen so schnell wie möglich fallen.
Im Bund regiert heute die Ampel. Könnt Ihr Euch das auch für NRW vorstellen oder was wäre Eure favorisierte Regierungskoalition?
Dirk Reder: Unsere favorisierte Regierung wäre natürlich eine absolute Mehrheit für die Grünen oder mindestens eine grün-rote-Regierung mit unserer Spitzenkandidatin Mona Neubaur als Ministerpräsidentin :-)...
Cynthia Roggenkamp: ... das wird vermutlich ein Wunsch bleiben, aber letztlich entscheiden die Wähler*innen. Die Berliner Ampelkoalition macht deutlich, wie schwierig es ist, gegen die Bremser von SPD und FDP konsequent das Klima zu schützen. Wir brauchen einen starken Wahlkampf, um die Grünen im Landtag zu stärken. Wir werden unseren Stimmenanteil deutlich erhöhen und können dann viele unserer Ziele umsetzen.
Die aktuelle Bildungspolitik der schwarz-gelben Regierung kann in vielen Punkten nicht überzeugen. Was bietet das Grüne Programm für eine moderne zukunftsorientierte Bildungspolitik?
Dirk Reder: Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, wie schlecht unsere Schulen baulich, technisch und didaktisch vorbereitet waren. Fernunterricht war vielfach kaum möglich. Zudem waren die langen Schulschließungen während der Pandemie ein schwerer Fehler und haben gerade die schwächeren Schüler*innen benachteiligt. Dadurch ist die soziale Schere in den Schulen nochmals größer geworden.
Cynthia Roggenkamp: Wir müssen die frühkindliche Förderung zu mehr Chancengleichheit ausbauen, brauchen mehr Mitsprache für Kinder und Jugendliche, bessere Bedingungen für Alleinerziehende, höhere Investitionen in die Schule, den Ausbau der qualifizierten Ganztagsbetreuung und die Stärkung von Aus- und Weiterbildung.
Corona hat den Nachholbedarf der öffentlichen Hand in Sachen Digitalisierung gezeigt. Auch NRW hängt bei der digitalen Transformation hinterher. Was können die Grünen hier leisten?
Cynthia Roggenkamp: Wir können Bürokratie nicht abschaffen, aber wir können sie endlich digitaler, schneller und effizienter machen und so Belastungen für Selbstständige und Unternehmen abbauen. Unser Ziel ist es mit Öffentlichkeit und Unternehmen zusammen bis Ende 2023 Maßnahmen für eine digitale Strukturreform für die Landesbehörden und kommunalen Verwaltungen zu erarbeiten. Das ist weit mehr als nur die Bereitstellung von Hard- und Software. Das wird eine große und tiefgreifende Transformation.
Dirk Reder: Ganz pragmatisch brauchen wir flächendeckend ein schnelles Internet. Die Kontakte zu den Behörden müssen online möglich sein. Das gilt für alle Alters- und Bevölkerungsgruppen. Von der Kita bis zur Berufsschule muss Medienkompetenz vermittelt werden, wozu auch die Fähigkeit zum kritischen Umfang mit Quellen und zum Erkennen von Fake-News gehört.
Der Ausbau der Erneuerbare Energien ist enorm wichtig, um unabhängig zu von fossilen Energieträgern und Energieimporten aus Russland zu werden. Welche Aufgaben stehen in NRW an und was heißt das für Windenergie und Photovoltaik in Bornheim?
Cynthia Roggenkamp: Wir brauchen sehr schnell viel mehr Flächen für den Ausbau von Windenergie und Photovoltaik. Wir wollen dazu die Dächer der Gewerbebauten ebenso nutzen wie die Dächer von privaten Neubauten und alle größeren Parkplätze mit Solaranlagen überdachen.
Dirk Reder: Robert Habeck wird als Wirtschaftsminister Druck machen, um die Blockade der Länder und die Abstandsregeln zu kippen. In Bornheim sollten wir daher nicht nur die geforderten zwei Prozent der Flächen für Windenergie bereitstellen, sondern möglichst deutlich mehr. Für Kirchturmdenken und das Sankt-Florians-Prinzip haben wir keine Zeit mehr.
Cynthia, Dirk, Danke für das Interview.
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