16.02.17 –
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen
wie der heutigen Presse zu entnehmen war, wird Bündnis90/DIE GRÜNEN dem vorgelegten Haushalt 2017/18 mit den beschlossenen Ergänzungen nicht zustimmen.
Bevor ich auf die wichtigsten Gründe für diese Entscheidung – einige waren in der Presse schon genannt – eingehe, möchte vorab deutlich zum Ausdruck bringen, dass wir uns mit dieser Entscheidung NICHT aus der Verantwortung für diesen Haushalt stehlen wollen – wie immer die Entscheidung heute ausfällt.
Ein Fingerpoint auf das Land – und wenn die Finger lang genug sind – auf den Bund, ist uns zu kurz gegriffen. Es stimmt zwar, dass Bund und Land die Kommunen nicht optimal unterstützen, aber das entbindet uns nicht davon, eigene Anstrengungen zu unternehmen die Situation zu verbessern. Wir wollen aber auch nicht nur an Symptomen herumdoktern und Standards absenken und schon gar nicht ohne Not konsumtive Ausgaben signifikant erhöhen, ohne dass eine Gegenfinanzierung, eine Kosteinsparung oder ein klarer Mehrwert erreicht werden.
Wir sichern Ihnen, Herr Bürgermeister, der Verwaltung, dem Rat und vor allem den Bürgerinnen und Bürgern daher zu, dass wir die Umsetzung dieses Haushalts konstruktiv und kritisch mit allen Kräften begleiten werden.
Und damit meine Damen und Herren komme ich zur Begründung.
„Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her“ – mit diesem Satz hatten Sie Herr Bürgermeister die Haushaltslage in Ihrer Rede zur Einbringung des Haushalts 2017/18 charakterisiert. Als naiven Optimismus hatten Sie diese Haltung bezeichnet, man kann es – und das haben wir – aber auch als passiven Pessimismus verstehen – jetzt kann uns nur noch ein Wunder helfen.
Was haben wir von diesem Haushalt erwartet?
Wir haben ein mit viel Mühe aufbereitetes detailliertes Zahlenwerk erhalten – dafür ein dickes Dankeschön an Herrn Cugaly und sein Team – wir haben auch Antworten auf die vielen Fragen, die sich von der Einbringung des Haushaltes im September bis heute aufgetan haben, erhalten – Danke dafür an die Fachbereiche -, aber wir haben summa summarum das „Lichtlein“ trotzdem nicht entdecken können.
Das Lichtlein, das uns im Jahr 2017 den immer kürzer werdenden Weg nach „Bornheim 21“ – und damit meine ich nicht den Roisdorfer Bahnhof, sondern das Erreichen eines konsolidierten Haushalts – weist. Kurz: es fehlt uns eine klar erkennbare Strategie, eine Benennung der Schlüsselfaktoren, eine ganzheitliche Betrachtung über Dezernatsgrenzen und Produktgruppen hinweg und Vorschläge wie dieses Ziel erreicht werden kann.
Meine Damen und Herren,
Die Personalkosten sind der größte konsumtive Kostenblock in wohl jeder Organisation und jedem Unternehmen. Und damit steht auch jede Organisation und jedes Unternehmen vor der Hausforderung, diese Kosten im Griff zu halten, durch Organisationsoptimierung, Prozessverbesserung, und moderne effiziente Arbeitsweisen.
Der wichtigste Hebel ist dazu heute im 21. Jahrhundert die Digitalisierung der Verwaltung, der Einsatz von moderner IT für ein effizientes, effektives und medienbruchfreies Arbeiten.
In Bornheim – das darf man glaube ich konstatieren – hinken wir in Sachen Digitalisierung und eGovernment weit hinterher.
Und ja – auch die Digitalisierung gibt es nicht umsonst und ohne Veränderungsschmerzen. Es ist ein Kraftakt und kostet Zeit und Geld. Doch erlauben Sie mir eine schlichte Rechnung: Wenn nur ein Viertel der Mitarbeiter – also 100 - jeden Tag nur 5 Minuten durch IT-Unterstützung einspart, dann sind das pro Tag 500 Minuten, dann ist entspricht einem Arbeitstag, was letztlich einer Arbeitskraft entspricht.
Keine Angst, Herr Bürgermeister, ich will jetzt nicht als GRÜNE McKinsey durch die Büros des Rathauses wandern, und Arbeitsplätze wegrationalisieren, aber ich will aufzeigen, wie Mitarbeiter zugunsten „intelligenter Arbeit“ von „dummer Arbeit“ entlastet werden können und wie schnell sich die Investitionen amortisieren.
Leider können wie zu diesem wichtigen Schlüsselfaktor keinen Ansatz im Haushalt erkennen, weder strategisch noch in der investiven Kostenplanung, um von einer noch stark papiergeprägten Arbeitsweise und Abwicklung von Fachprozessen zu einer digitalen Welt zu kommen. Der Verweis auf das noch ausstehende Ergebnis aus dem im letzten Haushalt beauftragten Konzept zu eGovernment ist da mehr als unbefriedigend.
Wir haben aber auch von den Fraktionen keine Vorschläge dazu gehört – im Gegenteil, es werden noch drei Stellen für einen Ordnungsdienst oben drauf gepackt, der die Bürger eine viertel Million Euro jährlich kosten wird und der noch bis zur Sommerpause von der Mehrheit des Rates abgelehnt wurde mit der aus unserer Sicht immer noch zutreffenden Begründung, dass es weder einen erkennbaren Zusammenhang zwischen Flüchtlingen und Sicherheit in Bornheim noch den finanziellen Spielraum in einer ohnehin schon angespannten Haushaltssituation gebe.
Meine Damen und Herren,
Wer ausgibt, muss auch Einnahmen erzielen, und das ist bei knapper Kasse umso wichtiger. Dabei gilt es vor allem langfristig wirksame Quellen aufzuspüren und dann auch anzuzapfen – um im Bild zu bleiben.
Dabei haben wir festgestellt, dass auch schon in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe solcher Quellen identifiziert und die Nutzung beschlossen wurde, doch die Umsetzung fehlt.
Lassen Sie mich einige Instrumente und Maßnahmen nennen, die die Bornheimer Haushaltssituation nachhaltig und signifikant verbessern würden:
Einnahmen müssen aber auch klug investiert werden und auch da müssen wir Bornheim 21 im Blick haben. Welche Investitionen sollten jetzt noch getätigt werden, welche später?
Die Berücksichtigung der demographischen Entwicklung ist da ein Indikator, um bedarfsorientiert und gezielt in verkehrliche und soziale Infrastruktur zu investieren.
Ein Beispiel für eine weniger kluge Entscheidung ist die Verabredung von CDU und SPD für 2017 und 2018 keine Planungskosten für die notwendige Rathauserweiterung einzustellen - auch nicht unter dem noch bis Ende 2017 zu erbringenden Nachweis der Wirtschaftlichkeit einer solchen Maßnahme. Das führt zu einer mindestens einjährigen Verzögerung einer solchen Erweiterung und damit auch zu einem späteren Wirksamwerden des möglichen Einsparpotentials und dies auch noch vor dem Hintergrund, dass wieder mit steigenden Zinsen zu rechnen ist.
Eine zukunfts- und zielgerichtete Denk- und Handlungsweise in politischen Gremien sieht ANDERS aus.
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich zu dem Punkt kommen, der den letzten Impuls für Bündnis 90/Die GRÜNEN gab, diesen Haushalt abzulehnen: die vorgelegten Hebesätze für Grundsteuer A und B sowie die Gewerbesteuer.
Einer Steuererhöhung haben wir uns nie verschlossen und werden dies auch nicht können - dafür sorgt schon allein das HSK!
Doch den maßgeblich zwischen Bürgermeister, CDU und SPD ausgehandelten Kompromiss, der jetzt zur Abstimmung vorliegt, lehnen wir entschieden ab! Und ich erlaube mir zu sagen, es ist für die SPD ein teuer erkaufter Kompromiss, der nichts mit Solidargemeinschaft und Steuergerechtigkeit zu tun hat.
Im Gegensatz zu den ersten Vorschlägen der Stadt, die alle Steuerarten berücksichtigten und die Last auf alle verteilte, geht der jetzige Kompromissvorschlag mehr oder minder komplett zu Lasten der Grundsteuer B. Sie soll demnach bis 2021 um 79% steigen, während die Gewerbesteuer im gleichen Zeitraum lediglich um 6,6 % steigen soll.
Man könnte jetzt sagen, ganz schön clever, denn ein Hausbesitzer kann im Gegensatz zum Gewerbe ja nicht mit Abwanderung drohen. Aber man kann sich ausmalen, was das für die Mieten in Bornheim bedeutet. Wenn man auch noch die windelweiche Haltung zu der von Bündnis90/Die Grünen geforderten festen Quote für geförderten Wohnraum sieht, dann ist das doppelt bitter.
Ein kleiner Exkurs zur Gewerbesteuereinnahmen:
Wir bedauern es wirklich sehr, dass die bauliche Umsetzung unser Windvorrangzone bei Sechtem durch ENERCON wohl nach wie vor aufgrund des Einspruchs der Köln-Bonner Flughafen-Betreiber in den Sternen steht, was einen Ausfall von Gewerbesteuereinahmen im 6-stelligen Bereich bedeutet – ganz zu schweigen von dem signifikanten Beitrag Bornheims zur nachhaltigen und klimafreundlichen Energieversorgung.
Meine Damen und Herren,
„Zukunft ist unsere Aufgabe!“ Unter diesem Motto haben wir unsere Haushaltsberatungen geführt und unter dieses Motto möchten wir gerne die Arbeit des Rates in den nächsten zwei Jahren stellen.
Daher begrüßen wir ausdrücklich, die auch von uns schon lange geforderte Einsetzung eines Arbeitskreises “Konsolidierung“ als Fortsetzung des alten AK „Finanzen“ um hier ein Gremium zu schaffen, das uns als Stadt in dieser wahrlich nicht einfachen Aufgabe voranbringen kann – und für das ich mir von allen Beteiligten Mut zu Offenheit, Querdenken und konstruktive Zusammenarbeit wünsche.
Als Vertreter und Vertreterinnen der Bornheimer Bürgerschaft, schulden wir es unseren Bürgerinnen und Bürgern, mit mehr Mut, Sachlichkeit und Kreativität die Zukunft unserer Stadt im Rahmen unserer Möglichkeiten zu planen und vor allem auch umzusetzen.
In diesem Sinne, hoffe ich, dass dieser Haushalt nicht für den Wahlkampf instrumentalisiert wird, nicht nur klientel-orientiert entschieden und argumentiert wird, sondern konstruktiv nach vorne gerichtet…. Martin Schulz würde jetzt sicher sagen: Schluss mit dem mutlosen Weiter so…
Vielen Dank
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